Die Legende! Fruchtig, Zitrone, Apfel, Birne, und doch ein wenig herb... Warteck Lager! Damit sind wir aufgewachsen! Mein Bierstart ist circa drei Wochen vor dem 17. Geburtstag erfolgt, mit Walliser Bier im Wallis. Im sagenumwobenen Langlauflager 1991 in Gluringen, Obergoms. Am Montag eine Stange, am Mittwoch eine Flasche, und am Freitag sage und schreibe eine Stange und eine Flasche! Das waren die ersten vier Biere, die ich integral ... hinunterwürgte. Besser dann nach dem Lager, als frischgebackenem Mitglied der sagenumwobenen Langenthaler Mittelschulverbindung Juventa, die mittwochs im sagenumwobenen Kegelkeller des Restaurants Neuhüsli (nicht gerade sagenumwoben, aber immerhin legendär) ihren Kneip abhielt, schmeckte mir das Warteck, das es dort gab. Ja, mitten in Langenthal! Vor dem Ersten Weltkrig schenkte der damalige Neuhüsli-Wirt Arnold Herzig nicht Langenthaler Bier, sondern Münchner Bier aus, und nach dem Ersten Weltkrig, als die Münchner offenbar anderes zu tun hatten, als Bier nach Langenthal zu liefern, wechselte Neuhüsli-Wirt Herzig nicht zum Langenthaler Bier, sondern zum Warteck aus Basel. Warum, ist nicht bekannt, man mutmasst aber, es habe mit seiner Freundschaft zum damaligen Warteck-Depositär Christian Habegger im Wuhr zu tun gehabt. Item, dann kam das Bierkartell, und man durfte die Sorte nicht mehr wechseln, und so hat das Neuhüsli heute noch Warteck, auch, nachdem es das Kartell nicht mehr gibt. Seit dem 1. Januar 1977 heisst übrigens der Wirt im Neuhüsli Althaus. Ich finde das super. (Einerseits finde ich das Oxymoron super, andererseits Althauswernu selber, wenn er seine berühmten Chümi-Bätzli ausgibt, die Glesi auf den Tisch stellt, sagt: "So, jetz suufe mer zäme eis. Was si mer de für Lüt!" und dann die leere Hand mit Pinzettengriff ohne Glas darin zum Anstossen erhebt.) Weniger super, sondern himmeltraurig finde ich hingegen, dass in unserem sagenumwobenen Kegelkeller nun ein Hundecoiffeursalon ist, hueregopferdami. Dies wird bei Diskussionen über die Theodizee immer vergessen.
Ja, das Warteck! Inzwischen wird es ja, 1989 verkauft, in Rheinfelden bei den Feldschlösschen gebraut, und zwar seit 1991. Ich habe also im Februar 1991, als meine im Wallis gestartete Bierkarriere mit dem Warteck Lager ihre (immer erfolgreichere) Fortsetzung fand, wohl gerade noch in Basel gebrautes Warteck getrunken. Das äusserst imposante Brauereigebäude dient nun vielseitigen Zwecken: Kultur, Bureaus, Wohnungen.
Heute gibt es ja von Warteck nur noch das Lager und das Spez, genannt Pic (siehe Blog "Bier 19"), wie die Füdleschlössli aus Rheinfelden ja auch von den Marken Gurten und Hürlimann nur noch das Lager und das Spez brauen. Schade! Was gab es da nämlich noch alles für Warteck-Sorten!
Das Tambour! Das war das Starkbier von Warteck. Längst versiegt. Auf dem Spezli, also dem Pic, sind Piccolo-Spieler im Logo abgebildet, auf dem Tambour eben die anderen Fasnachtsmusikanten. Das Tambour war sehr vollmundig im Geschmack und nicht leicht zu trinken. Ich kaufte es Ende Gymer jeweils gleich harassliweise bei Loosli an der Farbgasse und trank oft spätabends ein Gütterli auf meinem Zimmer, dazu Klaviermusik von Nikolai Medtner.
Dann das alkoholfreie. Das habe ich selber nicht mehr getrunken, war aber mal im Besitz eines Fläschlis. Das habe ich so um 1994 herum in Genf auf dem Getränke-Präsentations-Gestell stehen sehen, und als ich fragte, ob es das noch gebe und die Antwort non war, fragte ich, dann könnte ich es ja haben, und die Antwort war oui.
Sodann das Warteck Alt, hellbraun und obergärig nach Düsseldorfer Art jahrzehntelang als einziges seiner Art in der Schweiz gebraut, gibt es nicht mehr, wird nicht mehr produziert. (Ruth Althaus, die Neuhüsliwirtin, nahm dies persönlich: "S Alt hei si nis ou wäggno!")
Ah, un ein light gab es eine Zeitlang, so Anfang und Mitte der Neunziger Jahre. Das hat nicht reüssiert.
Schliesslich das dunkle Spezial. Ich bin nicht sicher, ob das nach der Verlegung der Produktion nach Rheinfelden, als es noch eine Zeitlang unter diesem Namen abgefüllt wurde, nach eigenem Rezept gebraut wurde oder ob es einfach das dunkle Feldschlösschen war, aber auf jeden Fall bin ich wohl einer der letzten Menschen, weltweit, die noch ein solches getrunken haben. Und das kam so. Lenk im Berner Oberland. Deppen sagen "in Lenk", Halbdeppen "in der Lenk", solche, die drauskommen, "an der Lenk", weil das Wort eine Kontraktion aus "an der langen Egg", also langen Ecke, entstanden ist. Item, hä. Man schrieb Februar oder März 1996. Warum die Beizen an der Lenk und das halbe Simmental Warteck-Bier haben, weiss ich nicht, ist aber sehr interessant. Basel liegt ja nicht gleich um die Ecke, auch wenn sie lang ist. Auso. Wir waren im Singstudenten-Skiwochenende, hatten im Restaurant Wallegg Fondue gegessen und dazu viel Wein und Schnaps getrunken. Unser Gastgeber, ein angesehener Lenker Notar, bestellte übrigens den Getränkenachschub jeweils vom Tisch aus per Natel, indem er das Restaurant, in dem wir sassen, anrief, was uns zu dem Zeitpunkt, als noch fast kein Mensch ein Natel hatte, kolossal vorkam. Nach dem Essen waren wir dann in halsbrecherischer und komplett verantwortungsloser Art und Weise (ein schönes Hendiadyoin) mit Holzschlitten die Skipiste ins Dorf hinuntergeschlittelt. Wobei "schlitteln" die Wahrheit nicht ganz trifft. Vielmehr war es eine wiederkehrende Abfolge von Beschleunigen, Schreien, Kordel-Festhalten, Abspringen, Sich-Überschlagen, Durch-Dreck-Rutschen, Zum-Stillstand-Kommen, schwachsinnig Grölen und Wiederaufsitzen. Zurück zum Thema: Unten angelangt, peilten wir den Löwen an, der Austrinket hatte, und dort erkundigte ich mich nach verschiedenen Bieren. Alles war graits. Die Person hinter der Theke wühlte in derselben und kam mit einigen Fläschli dunklem Warteck Spezial zum Vorschein. Wir tranken sie mit Genuss. Wie gesagt, war Februar oder März 1996. Das Ablaufdatum auf den Gütterli: "Oktober 94".
getrunken am 28.4.11
Hier noch einige Bilder zu (teils) verschwundenen Sorten:
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