Sonntag, 30. Januar 2011

Bier 20: Schützengarten Lager hell

Also dieses Bier und die Ökologie wollen sich bei mir nicht recht paaren. Das letzte Mal, als ich Schützengarten hatte (abgesehen vom vorgestern getrunkenen Spez), war ich in Lugano, und ich habe noch gescherzt, ich tränke St. Galler Bier halt schon am liebsten am anderen Ende der Schweiz. Und nun... das Lager aus der Büchse. Schützengarten hat keine Dosenabfüllanlage, sondern lässt dies von der Firma Rexam im Ausland, wahrscheinlich Deutschland, besorgen. Das Bier kommt aber aus St. Gallen. (Wir erinnern uns: Der Hopfen kommt teilweise aus Deutschland, fährt also nach St. Gallen, wird zu Bier verbraut, fährt nach Deutschland zurück, wird in Dosen abgefüllt und kommt abermals in die Schweiz.)

Diesmal ist es aber definitiv für den Export gedacht; die Texte auf der Dose sind deutsch und englisch. D: "[...] aus feinstem Gerstenmalz und edlem [!] Hopfen [...]", und E: "This premium [!] lager beer is brewed [...]" Edel, edel, premium, premium! Alkohol 4.8 %, und der Hopfen ist so edel, dass er fast nicht spürbar ist. Das Bier ist malzig-fruchtig (also nicht kernobst-zitrus-fruchtig), süss im Mund, brotig-süssgebäckig. Schwach im Abgang. Überhaupt ein sehr süffiges, nicht gerade charakterlich starkes Bier, was wir bei der Fülle an einfallsreichen Charakterbieren, die "Schüga" sonst noch braut, gerne verzeihen. Ein gut rutschender Durstlöscher! Das braucht's auch. So für aus der Dose im Ungerliibli vor dem Fernseher. Oder im Kochkessel eines Kannibalen-Negerhäuptlings. WIE KOMMT ER JETZT AUF SO ETWAS?! wird sich der geneigte Leser fragen. Bitte sehr:

Rückseite:

Also, Humor haben die Knaben. Der Bierteller ist, ich gebe es zu, nicht mehr ganz aktuell.
getrunken am 30.1.11

Bier 19: Warteck Pic

Warteck. Muttermilch! Damit bin ich aufgewachsen. Der Start meiner Bierkarriere! Und zwar vor ziemlich genau 20 Jahren, im Februar 1991. Damals trank ich zwar (im Gymerlanglauflager zu Gluringen) zuerst Walliser Bier (am Montag würgte ich eine Stange runter, am Mittwoch eine Flasche, damals noch 58 cl, und am Freitag eine Stange UND eine Flasche!), ab dann aber Warteck Lager, mittwochs in der Juventa im Kegelkeller des Neuhüsli Langenthal. (Schnüff... Dort befindet sich jetzt, horribilissime dictu, ein Hundecoiffeursalon.)

Heute aber eben nicht Lager, sondern Pic. Und es sind dann auch drei Basler Fasnachts-Piccolospieler im Signet. (Das Starkbier Tambour machen die huere Möffe in Rheinfelden ja nicht mehr; das habe ich noch zu Gymerzeiten Harasse für Harasse bei Loosli geholt und oft als Schlummertrunk zu Medtners g-Moll-Klaviersonate Op. 22 genossen.) Man sieht, es ist bei Warteck schwierig, nich abzuschweifen. So viele Erinnerungen und Emotionen! Man möge mir die Sentimentalität nachsehen. Deshalb jetzt die nüchternen Fakten. (Bier und nüchtern, höhöhö.) Spezialbier hell (so prosaische Angaben auf Etiketten sind selten geworden). Alkohol: 5.2 %. Im Geschmack die unverkennbare Warteck-Süsse, und zwar Frucht-Süsse, so kernobstig-zitronig. Aber nicht so fruchtig-süss wie das Lager, sondern trockener. Sehr frisch im Geschmack, leicht metallische Nebentöne. Eigentlich hat es gar nicht einen so intensiven Geschmack. Aber bei Warteck zählt eben das Emotionale mindestens soviel.
getrunken am 29.1.11

Freitag, 28. Januar 2011

Bier 18: Neumarkter Lammsbräu Dinkel

Eine meiner bevorzugten Brauereien. Neumarkter Lammsbräu. (Schon gewusst? "Das Gold der Oberpfalz") Die Biere sind alle biologisch, sehr chüschtig und gut. Man betrachte einmal das Titelbild genau! Das Dunkle, das ich dort (in einem Strandkorb in Wittdün auf der Nordseeinsel Amrum) getrunken habe, ist in der Schweiz leider nicht erhältlich, dafür das Weisse, das Schwarze (=dunkles Weizenbier), das Alkoholfreie, das Glutenfreie, früher noch das Pils, und eben das Dinkel. Die Lastwagen der Brauerei werden an der betriebseigenen Tankstelle mit Pflanzenöl bezapft, die Abfüllanlagen sind lärmreduziert, die Etiketten schwermetallfrei. Sämtliche Korrespondenz wird auf Recyclingpapier geführt. Undsoweiter.

Das Dinkel also: im Geschmack etwas säuerlich, Farbe trüb, aber das muss äuä so sein, wenn Bio drin ist. (Abgelaufen ist es erst seit einer Woche.) "Fruchtig aromatisch" steht auf der Etikette; das bringt es bereits auf den Punkt. Nein, die Säure ist erfrischend, wenn ich es mir recht überlege. Obergärig, geht geschmacklich in Richtung Weizen. Viel Kohlensäure, 5.2 % Alk., 12.5 % Stammwürze. Bemerkenswert sind noch folgende Aspekte: Gersten- und Dinkelmalz sowie der Hopfen sind natürlich aus ökologischem Anbau, aber auf etwas wird noch extra hingewiesen: "ohne Gentechnik"! Dann: Die Brauerei verarbeitet nur die reinen, ungeschwefelten Dolden, niemals Hopfenextrakt oder -pulver! Das ist ziemlich sensationell: echte Hopfendolden statt Pellets.











Die Hefe stammt aus eigener Reinzucht, und das Braugetreide wird zu 100% selber gemälzt. Wer mälzt heute noch selber? Und noch etwas: Es heisst auf der Etikette: "gebraut nach dem ökologischen Reinheitsgebot", was erstens sinnvoller und zweitens ehrlicher ist. Hier nun noch die Bio-Zertifikate von der Rücken-Etikette:















Schöne Reliefflasche übrigens!





































getrunken am 28.1.11

Bier 17: Schützengarten Edelspez

Vollständiger Titel: "Edelspez Premium". Das sagt uns noch nicht viel; welches Bier heisst schon nicht "edel" oder/und "premium"? Nun gut. Das Spez(li) von Schützengarten St. Gallen, 5.2 %. Im Mund zunächst süss und "Hopfen-fruchtig" (nicht zu verwechseln mit "Früchte-fruchtig"!), dann bleibt eine scharfe Bitterkeit haften. Man fühlt sich fast an Feldschlösschen erinnert. Noch einen Schluck. Aha! Nimmt man mehr(ere) und grössere Schlucke (Schlücke?), macht sich in der Nasenhöhle die bekannte Schützengarten-Malz-Süsse breit, umhüllt von eben beschriebener Bitterkeit. Mit zunehmendem Konsum (keine Völlerei! wohlgemerkt, wir haben erst einen von drei Dezilitern) verschwindet die Bittere immer mehr hinter den Vorhang. Momou, ein gutes Bier.

Jetzt halt einfach doch noch einmal zu dem edel-premium-Geprahle. Zusätzlich zieren 5 Sterne die Etikette. Edel, edel. Und dann füllen sie es in grüne 33cl-Einweg-Fläschli mit Dreh-Kronkorkenverschluss, und ich saufe es ab Flasche im Zug. Edel, edel! Der Infotext auf der Rückseite erinnert uns an die bereits kommentierte deutsche Werberhetorik. Zitat: "Für unser Edelspez Premium verwendet der Schützengarten Braumeister ausschliesslich Malz aus hochwertiger zweizeiliger Sommergerste und Hopfen der allerbesten Aromasorten. Das traditionelle, sehr sorgfältige Brauverfahren sorgt für eine unübertroffene Qualität, die ihren Namen verdient: Edelspez Premium gebraut nach dem bayerischen Reinheitsgebot von der ältesten Brauerei der Schweiz." Zitat Ende. Expansionsgelüste in den deutschen Raum? Aber nein, doch wohl nicht, hat ja der Chef Peter Kurer erst kürzlich in einem Interview im Salz&Pfeffer bekräftigt, man wolle kein Wachstum um jeden Preis. Bravo, das nenne ich vorbildlich! Wieviele Grossbrauereien gibt es nicht mehr? Gurten, Warteck, bald Cardinal, Hürlimann (hähä), Haldengut, Löwengarten Zürich... Mittlerweile ist Schützengarten die grösste Schweizer Brauerei (wenn auch nicht die grösste Brauerei der Schweiz)! Angegeben ist übrigens sympathisch noch die Herkunft der Rohstoffe: Gerstenmalz (D) und Hopfen (D, CS).

Wir lassen nicht locker und gehen diesem Premium noch ein wenig nach. Was sagt der Georges?













Aha. Und was sagt der Stowasser?









Und jetzt noch die Büudeli.








































getrunken am 28.1.11

Mittwoch, 26. Januar 2011

Bier 16: Römer Edelhell

Das Erstaunlichste vorweg: Es handelt sich um ein Zauberbier resp. um eine Zauberharasse. Sie wird nie leer! Wie das geht? Man kauft für ein Sommerfest im August eine Harasse als zweite Reserve neben den Hauptbieren Aare hell und Aare amber sowie Reservebier 1, einem 20erpack Elsässer Meteor. (Dass dann fast nur Wein getrunken wurde, wobei es viel zuwenig Roten hatte, sei nur am Rande vermerkt. Aber der Wein war auch gut: Aligoté und Chardonnay die weissen, Pinot noir und Gamaret die roten, alles von Raymond und Réjane Ramu aus Dardagny bei Genf. Chapeau! http://www.domainedesesserts.ch/) Und dann trinkt man den restlichen Sommer, den Herbst und Winter hindurch natürlich Spezialitäten, hat aber immer eine bis zwei Flaschen Römer im Kühlschrank für den Fall, dass ein Banause auf Besuch kommt und man dann nicht nur Spezialitäten kühlgestellt hat und am Ende noch ein Samuel Adams oder ein Trois dames IPA opfern muss, das der Banause in seiner kulinarisch grenzenlosenIgnoranz dann noch abschätzig kommentiert. Auf jeden Fall wird die Römer-Harasse nie mehr leer!

Dabei ist das Bier nicht schlecht. Ein Schweizer Lagerbier, wie es im Lehrbuch steht. Selbstverständlich hat es 4.8 % Alkohol. Die Farbe sehr hell (heller als es im Lehrbuch stünde, gäbe es ein solches), der Geschmack sauber, schwach gehopft, fein. Fast wäre man geneigt zu sagen: wie in Kartellzeiten vom Kartell vorgeschrieben, ABER NEIN! Das wäre grundfalsch! Ist doch die Brauerei gerade extra als Nichtkartellbrauerei gegründet worden, 1963, also fast gleichzeitig wie Boxer (1960), die andere Rebellenbrauerei der Schweiz. Also unsere Brauerei hier, die das heute degustierte "Römer Edelhell" braut, wurde als Abteilung des Obstverwertungsbetriebes Jakob Ottiger in Hochdorf LU gebaut, damit der Denner Schweizer Bier günstiger als zu dem vom Schweizerischen Bierbrauerverein vorgeschriebenen Mindestpreis anbieten konnte, jää, als Disköünter, nidwohr. Zu diesem Thema gibt es sogar einen BGE (Bundesgerichtsentscheid) vom 28.11.1972: Denner wollte auch Hürlimann und Löwenbräu Zürich billiger verkaufen, worauf es Puff gab. (Welche Brauerei gibt es heute noch? Weder Hürlibrunz noch Löwenbräu, aber Römer!) Der BGE ist auch aufschlussreich über das Denken im Kartellwesen (ein Stück Schweizer Biergeschichte).
http://www.polyreg.ch/d/informationen/bgeleitentscheide/Band_98_1972/BGE_98_II_365.html
Es handelt sich also um das Denner-Bier resp. um die Eigenabfüllung. Weshalb für dasselbe Bier mehr bezahlen? Der Stil, Leute!

Wie heisst nun die Brauerei? Der Betrieb hiess zunächst für lange Zeit "Lupo Getränke Hochdorf". Wuala:

Heute nennt sich die Eigenabfüllung Römer; erhalten hat sich das "edelhell" (siehe den grünen Bierteller). Es gab auch mal eine, die "Rigi hell" hiess. 






Der Text ist ja recht doof. Ein Potpourri gängigster Bierbewerbungsattribute. Das geht hin bis zum Oxymoron "mildwürzig". Grammatikalisch interessant auch der Teilsatz "vergoren mit feinster Hefe". Ist das nun eines der aufgezählten Elemente, die dem Rigi hell "[...] Farbe und [...] Geschmack" geben? Das wäre grammatikalisch falsch, denn ein prädikatives Partizip kann doch nicht als Subjekt eingesetzt werden, um Himmels Willen! Grammatikalisch korrekt, aber inhaltlich falsch, wäre der Bezug von "vergoren", als Einschub, auf den Hopfen. Der wird ja aber nicht vergoren, sondern die Bierwürze.  Schliesslich wüsste ich gerne, was erstens mit "schonender Abfüllung" gemeint ist und was das zweitens für einen Einfluss auf Farbe und Geschmack haben soll. Schauen wir einmal in die Flaschenabfüllanlage hinein, hier gerade beim Traktieren von 50 cl-Denner-Lagerbier-Einwegflaschen:


Sieht doch sehr schonend
aus, nicht? Eben.










Etwas westlich von Hochdorf befindet sich das Dorf Römerswil; da haben wir den Bezug. In Ottenhusen und Ferren bei Hochdorf, auch daselbst, fand man römische Mauerreste. Drehen wir das Markenkarussell noch etwas weiter. Später kam die Obstverwertungsanlage zur Firma Granador; heute läuft alles unter Ramseier. Fast ein wenig absurd: In Ramsei mosten sie nicht mehr, dafür unter anderem in Kiesen unter dem Namen Ramseier, nicht mehr "Kiesener", und dafür steht auf unser Römerbier-Etikette "Ramseier Suisse AG, Sursee", wo nämlich auch gemostet wird. Hier noch ein altes Kiesener-Süssmostglas:



















Vom Namen Lupo zeugt übrigens noch die Harasse:
Lupo und Römer im selben Signet, das hat schon fast historischen Wert. Wahnsinn! Das Turiner Grabtuch - als Wunder ein Dreck dagegen.  Was bisher unerwähnt geblieben ist: Die Eingeborenen sagen nicht Hochdorf, sondern Hófdere.

Etwas ist uns bei den Biertellern noch aufgefallen, nämlich der Satz: «Aber dank unserer neuen, modernen Anlage können wir den alten Brauergrundsatz in die Tat umsetzen: "Kurze Maischarbeit ergibt edle Biere"» Was es damit wohl auf sich hat? Also, es ist voglendermassen: Die Lupo-Brauerei wandte als erste in der Schweiz das sogenannte Reiter-Verfahren an. Normalerweise hingegen wird das Malz geschrotet, in der Maischpfanne mit Wasser vermischt (maischen ist ein altes Wort für mischen) und erwärmt, wobei sich die Stärke in Malzzucker verwandelt, der später vergoren werden kann. Das Maischen dauert zweieinhalb bis dreieinhalb Stunden. Im sogenannten Läuterbottich, das ist der zweite Kupferkessel (heute oft auch Chromstahl), wird sodan der Malztreber, die Spelzen des Getreides, aus der Maische herausgefiltert, und die Flüssigkeit heisst nun Würze. Diese wird nun (in einer separaten Würzepfanne oder wieder in der Maischpfanne) anderthalb bis zwei Stunden unter Beigabe von Hopfen gekocht; dies ist der eigentliche Brauprozess, und heraus kommt das sogenannte Jungbier (die weiteren Schritte vor der Vergärung sind hier nicht von Belang). Zurück zum Reiter-Verfahren. Hier wird das Malz nicht grob geschrotet, sondern fein gemahlen. Dadurch muss nicht geläutert werden, sondern die viel feineren unlöslichen Malzbestandteile werden durch einen Vakuumtrommelfilter aus der Würze entfernt. Auf jeden Fall kann so mit diesem Reiter-Verfahren, nach einer Einmaischzeit von 3 Stunden, kontinuierlich Würze produziert werden; das zeitaufwendige Hin und Her zwischen Maischpfanne Läuterbottich Würzepfanne/Maischpfanne entfällt.

Heute produziert die Brauerei auch das "Farmer-Bier" für die Landi.





































Sicher möchte man noch zwei Verwaltungsräte im Jahr 1969 wissen. Also gut, es seien hier zwei genannt: Dr. Fritz Bieri, von Ruswil, Präsident, und M. Fleischli, von Ballwil.

Bleibt allenfalls noch die Frage offen, ob es denn in Hochdorf nicht noch eine andere Brauerei gegeben habe? Doch. Die Brauerei Hochdorf. Das Hochdorfer Bier.
Diese um 1862 entstandene Brauerei wurde 1988 von den gopferdammten Feldschlösschen-Wachstumsfanatikern gekauft, und am 30. Juni 1992 wurden die letzten 100 Hektoliter gebraut. Heute befindet sich in dem Gebäude ein Kulturzentrum (http://www.kulturzentrumbraui.ch/) und ausserdem das Restaurant "Braui" von Werner Tobler (http://www.restaurantbraui.ch/). Dieser Koch ist ein wahrer Held. Das stimmt. Ohne Wenn und Aber. Im AT-Verlag gibt es ein Kochbuch von ihm: Werner Tobler, cuisinier. ISBN-10: 3-03800-475-8. Es ist in fünf Kapitel gegliedert: Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Metzgete. Das sagt eigentlich schon alles. Hier aber trotzdem noch ein Ausschnitt aus dem thematisch geordneten Inhaltsverzeichnis:

Nun kommen natürlich noch die ganz Spitzfindigen und sagen: "Ja, aber gibt es nicht in Südwestdeutschland noch ein Hochdorf mit einer Brauerei?" Natürlich, klar. Und diese Brauerei ist sogar noch in Betrieb: http://www.hochdorfer.de/.
















getrunken am 23.1.11

Inzwischen schreiben wir den 29.10.11, und ich habe nun endlich das alte Hochdorfer-Glas wieder gefunden. Also habe ich gestern ein Farmen-Bier reingefüllt und photographiert.

Bier 15: Störtebeker Bernstein-Weizen

Über den Namen wollen wir jetzt einmal angesichts unserer mittlerweile bekannten Voreingenommenheit, was Stralsund und seine Biere angeht, hinwegsehen. Untertitel: "fruchtig spritzig". Es handelt sich um ein obergäriges Hefeweizen (was für ein Pleonasmus, exgüse!) mit 5.3% Alkohol. Im Geschmack obergärig-fruchtig, nicht zu hefig, trotz deutlichem Satz unten im Glas, nicht zu süss, recht würzig. Auch die im Norden können's! Da kommt mir in den Sinn, wie auf der Insel Poel im Jahre 2003 ein Gastwirt unser Lob über das damals relativ frisch lancierte Flensburger Weizen nicht zu teilen vermochte: "Weizenbier sollen sie im Süden machen, nicht hier." Auf meinen vermessenen Hinweis, es gebe auch in de Schweiz Weizenbier, meinte er halb belustigt, halb angewidert: "Die Schweizer sollen mal Schokolade und Käse machen."
getrunken am 26.1.11

Bier 14: Scherlibräu Altbier

Think global - drink local! In der ehemaligen Käserei in Mittelhäusern wird das Scherlibräu hergestellt. Kaufen kann man's in der Landi Niederscherli (Tschädernierli, höhö) und trinken im Bären Köniz. Altbier, obergärig natürlich, 5.3%, Flaschengärung. Man schmeckt die Malzsorten Pilsner, Carahell und Caradunkel heraus, und sonst kann man's auf der Homepage nachlesen: www.scherlibraeu.ch/
Ja, die Farbe ist schön altig, der Geschmack vollmundig, wäre da nicht dieser Hefegoût, und zwar nicht einer wie beim Weizen, sondern so unvergoren... so wie bei den Homebrew-Kits, wo man nach dem Abfüllen noch Zucker in die Flasche tut, der dann vergoren wird oder eben nicht so ganz.
getrunken am 23.1.11


Samstag, 22. Januar 2011

Bier 13: LöwenWeisse Hefe-Weissbier

Und zwar grad aus der Dose. Nicht so stilvoll, aber eigentlich eine ideale Bierverpackung, da lichtundurchlässig. (Nicht für nichts wird Bier in grünes oder noch besser braunes Glas abgefüllt, und noch weniger erstaunlich ist es, dass die Biere in Weissglas nach nichts schmecken - Huhn oder Ei? - zum Beispiel Corona, Miller Genuine Draft und andere Unglücksfälle & Verbrechen.) Damit kein Missverständnis entsteht: nicht aus der Dose getrunken natürlich, sondern ab Dose ins Glas geschenkt. Unser Bier heute ist von der Brauerei Löwenbräu in München gebraut worden. Duft: Banane. Im Mund mild, auch ein wenig bananig, aber nicht so sehr wie in der Nase. Weniger hefig als andere Hefeweizen, auch süffiger. Das kommt einem ja entgegen, wenn man es in München aus dem Masskrug trinkt. "Münchner Brau-Tradition" steht auf der Büchse. Das ist jetzt einmal nicht übertrieben (z. B. beim Boxer steht "vergoren und gereift nach alter Tradition" - ach wirklich? als gäbe es hundert Arten, Bier zu brauen). Löwenbräu München: seit 1383, das reicht eigentlich schon.

Auf der Dose ist noch mehr Interessantes zu sehen. Das Wappen, ein Löwe, links und rechts auch noch gerade je von einem Löwen flankiert, etwas eigenartig. Und es ist neben dem Alkohol (5.2 Volumenprozente) auch die Stammwürze angegeben: 11.8 Gewichtsprozente. Das Verreckteste: "Münchener Bier ist eine geschützte geographische Angabe." Ein Hurra dem ph, ein Stirnrunzeln dem e in Münchener. Sei ja laut Duden erlaubt. (Heute gibt's bekanntlich fast zu jedem Wort gestattete Varianten. Man stelle sich mal vor, man würde bei den Strassenverkehrsregeln Varianten einführen, weil man die Leute nicht für fähig hielte, sie sich zu merken.) Zurück zum Thema: also ein richtiges AOC-Bier! Das ergibt schon Sinn, ist doch "Münchner" wie "Pils(e)ner" ein eigener Bierstil. Was man in Pilsen jedoch verpasst hat, gilt für München strikte: Nur die sechs Brauereien auf Stadtgebiet dürfen ihr Bier Münchner nennen: Löwenbräu, Spaten, Augustiner, Hacker-Pschorr, Paulaner und Hofbräu.

Schliesslich ist die Dose ein kleines Wörterbuch, und zwar bei der Inhaltsangabe ("Vollbier. Zutaten: [...]"). So kann man beispielsweise kombinieren, dass Weizen auf spanisch trigo heisst, auf italienisch frumento (sozusagen nicht pars pro toto, sondern totum pro parte). Hefe heisst auf holländisch gist. Zudem sind die Zutaten noch auf englisch und französisch angegeben. Als Herkunftsland steht "Germany Allemagne Germania Alemania Alemanha Duitsland". Aha, da kommt noch Portugiesisch dazu (Alemanha)! Auch die Bezeichnung "Cerveja". Ganz speziell dann der Hinweis aufs Ablaufdatum: auf deutsch ("Mindestens haltbar bis Ende: Siehe Dosenboden"), englisch, französisch, italienisch, spanisch, portugiesisch, holländisch und ... finnisch ... und ... schwedisch! Das klingt dann so: "Parasta ennen: katso pohja" resp. "Bäst före: se botten". Zum Schluss noch die absurden - um nicht zu sagen: hohlen - anglosächsischen Hohlmasse: Wie einer Dosenaufschrift zu entnehmen ist, entspricht ein halber Liter 16.9 Flüssigunzen in Amerika, hingegen 17.6 Flüssigunzen im British Empire.
getrunken am 22.1.11

Freitag, 21. Januar 2011

Bier 12: Tsingtao

4.7%, gebraut in China seit 1903. Mou, dasch würklech es guets Bier. Frisch im Geschmack, eher hopfig als malzig, aber doch nicht zu bitter, sondern angenehm fruchtig. Deutliche Anklänge an Litschi im Abgang. Für die Feinheit des Bieres sorgt der Anteil Reis darin. Es hat aber deutlich mehr Geschmack und Charakter als etwa das ebenfalls Reis enthaltene """""Bier""""" Budweiser aus St. Louis, MO, USA (auf die sich eigentlich geziemende Anzahl Anführungszeichen wird hier aus graphischen Gründen verzichtet), das sich in der Schweiz nur "B" nennen darf, České Budějovice sei Dank. (St. Louis ist übrigens trotz allem eine schöne Stadt am Mississippi River; Missouri war, ebenfalls übrigens, im Bürgerkrieg der einzige Sklavenstaat, welcher zu den Nordstaaten gehörte.) Man spricht unser Bier heute glaub' folgendermassen aus: "Ssinngtáu", das ta circa eine Oktave tiefer als das Ssing, und dann das u etwa in der Mitte (Tritonus!). Extra in die Schweiz importiert von Prefoods SA, 8050 Zuerich, Switzerland! Ja, richtig gelesen, Zuerich mit e! Die Chinesen lassen sich eben ungern in innere Angelegenheiten dreinreden. Auch sonst säuberlichst deklariert, nämlich dreisprachig für die Schweiz: "Hergestellt in China / Produit en Chine / Prodotto in Cina". Gekauft im Tschippinesenladen in der Sihlpassage des Zürcher Hauptbahnhofs für 2.50, dazu noch zum Scherz einen Streuer mit reinem Natriumglutamat drin, also Geschmacksverstärker! Für Fr. 1.30. Das noch zur chinesischen Küche hierzulande.
getrunken am 20.1.11

Dienstag, 18. Januar 2011

Bier 11: Calanda Edelbräu

Wie edel doch so viele Biere sind! Und doch lässt es sich ganz prosaisch direkt aus dem Fläschli trinken mein (glaub') einziges Calandaglas habe ich vorletzte Woche beim Abwasch zerbrochen. Und die entsprechenden Edelbräu-Bierteller sind auf dem Estrich. Also, das Spezialbier von Calanda. Bünzlige Schweizer-Spez-5.2 Prozent. Nicht so bitter; die Bitterkeit bleibt im Hintergrund, ist noch am ehesten spürbar, solange das Bier noch im Mund ist. Nach dem Hinunterschlucken betont malzig. Ein gutes Bier ohne viele Ecken und Kanten, aber doch eher zu deftigem Essen oder als Schlummertrunk geeignet denn als Apéro wie viele Spezze. (Diese Pluralform findet sich im Testament von Konrad Duden; ihre Etablierung war sein letztes Anliegen.) Gebraut in Chur. Was die dort noch für Scheiss brauen! Heineken, brrrrr! Goooooooooooopferdami. Und das mit unserem Schweizer Quellwasser! Blasphemie. Landesverrat. Ausverkauf der Heimat. Das führe noch zu Tamlien im Bundesrat, würde ein gewisser Bürger von Wahlern sagen. Immerhin haben sie das Amstel vom CH-Markt genommen.

Da es geschmacklich nichts weiter zu vermerken gibt (ja, man kann nicht nur an- und/oder bemerken!), lasst uns die Etiketten näher betrachten und vielleicht die eine oder andere linguistisch-semantische Überlegung anstellen. Flaschenhals: "Calanda". Hauptetikette: "1780" (ooh! Pech gehabt! Schützengarten, 1779 gegründet, ist die älteste Brauerei der Schweiz) / "seit depuis" / "CALANDA" / "Edelbräu" / "gebraut aus reinem Bergquellwasser" / "birra speziale Spezialbier bière spéciale". Vom Rücken zitieren wir eklektisch: "Calanda. Natürlich anders · Différent de nature" / "Das Spezialbier für höchsten Trinkgenuss." / "La bière spéciale appréciée des connaisseurs." Beginnen wir ganz hinten. Wie weise, die deutsche Plattitüde nicht direkt ins Französische zu übersetzen! Da hat der Übertrager tatsächlich etwas überlegt.



Auf der Vorderseite fällt die einzige italienische Angabe auf, "birra speziale". Und es kommt noch vor der entsprechenden französischen, wenn die beiden auch das deutsche "Spezialbier" auf dem Banner in der Mitte flankieren. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass alle Landesprachen vorkommen ausser ausgerechnet das Rumantsch. (Es sei denn, man lasse "Calanda" durchgehen.) Hingegen natürlich hintendrauf: "Heineken Switzerland AG". Tja, Englisch muss schon sein, wenn man eine Firma ist, die etwas auf sich hält.

Jetzt noch zu diesem "gebraut aus reinem Bergquellwasser". Also abgesehen davon, dass "mit" statt "aus" wohl korrekter wäre, sind doch auch Gerstenmalz und Hopfen als Zutaten angegeben (die Hefe fehlt; Zauberei!), riecht der Ausdruck "reines Bergquellwasser" einerseits ziemlich stark nach deutscher Werberhetorik (siehe Bier 4), andererseits ist er inhaltlich zu hinterfragen. Das Quellwasser muss nämlich garantiert noch aufbereitet werden, und was am Schluss noch an die Bergquelle erinnert, ist fraglich. Wie heisst es doch? Eisen, Mangan, Nitrat, Natriumkarbonat, aggressive (Metall angreifende) Kohlensäure sowie Kieselsäure dürfen im Brauwasser nicht oder nur in sehr geringer Menge enthalten sein. Und auch die Wasserhärte soll innerhalb bestimmter Grenzen liegen, z. B. verlangt man für helle Biere Pilsner Art eine niedere Karbonathärte von etwa 2 bis 5 ° d. H. und eine niedere Nichtkarbonathärte, für dunkle Biere Münchner Art eine mittlere Karbonathärte von etwa 8 bis 12 ° d. H. und eine niedere Nichtkarbonathärte, und helle Biere Dortmunder Art braut man meist mit Wasser hoher Karbonat- und Nichtkarbonathärte, das ist ganz klar.

Nun wird das Wasser, dieses reine Bergquellwasser, entkeimt. Das geschieht zum Beispiel durch Chlorierung, selbstverständlich mit wässriger Hypochloritlösung mengenproportional, oder durch eine Chlordioxidbehandlung. Oder durch UV-Behandlung. Oder durch Ozon-Behandlung. (Letztere wird übrigens auch zur Flaschensterilisation angewandt.) Alsbald wird das Wasser enthärtet: mittels Kalkentkarbonisierung, Ionenaustauschern, Voll-Entmineralisierung oder Umkehrosmose undsoweiterundsofortundsoweiterundsofort. Aber Obacht! Eventuell ist nun eine Wiederaufbereitung vonnöten, klarerweise mit Hilfe einer Elektrodiarese. Für Begriffsstutzige hier ein erhellendes Schema:
Also diese Holländer müssen nicht meinen, mit unserem Bergquellwasser angeben zu können. Sind sie doch kulinarisch ohnehin nicht ganz so berühmt. Ein mir befreundeter Berner Staatsanwalt war einmal bei Holländern zum Znacht eingeladen. Gut, es waren alles junge Leute auf einem Campingplatz. ABER TROTZDEM: Was gab's zu essen? Scheibenkäse mit Ketchup.
getrunken am 18.1.11

p. s. oder vielmehr post pictum: Ich habe den Bierteller noch vüregrüblet, wala:





Montag, 17. Januar 2011

Bier 10: Störtebeker Schwarzbier

So, und jetzt wird es definitiv sehr subjektiv. Zum Glück stimmen hier Subjektivität und reelle Objektivität zu 100% überein! Störtebeker Schwarzbier, 5.0%, aus der Stralsunder Brauerei. Mmmmhhh. Mmmhh!!! Diese Röstaromen! Kaffee, ach was, Ristretto! Weiter Caramel, dunkeldunkelbrauner Toast, Kaminfeuer, Dampflokomotivenrauch, ein Schlummertrunk nach einem Tag auf hoher See würde ihm am gerechtesten. Aber es ist dann nicht etwa schwerfällig zu trinken! Und bescheiden angepriesen: "aromatisch würzig". Sonst nichts. Man erinnere sich an das Hochschwarzwaldurgesteinquellwassergedusel von Blog 4! Hier höchstens noch der Hinweis "Das Bier der Gerechten". Ja, der Klaus Störtebeker, berühmter Seeräuber, 1402 hingerichtet, lief ohne Haupt noch an elf seiner Kameraden vorbei, die, so die Legende, somit begnadigt wurden. Er hätte natürlich noch mehr geschafft, wäre ihm nicht vom Scharfrichter ein Bein gestellt worden. Den Namen "Stürz den Becher", niederdeutsch Störtebeker, bekam er aufgrund seiner Trinkfestigkeit, soll er doch 4 Liter ohne abzusetzen zu exen vermocht haben.

Das wäre hier definitiv zu schade. Das Bier ist dermassen gut! Im Abgang auch noch eine angenehme Hopfennote; also nicht einfach nur Röstmalz und fertig! Und es hat auch diesen medizinischen Einschlag, so diesen Tierarztpraxisgoût des Guinness nicht. (Also nichts im übrigen gegen Guinness! Ich schreibe diese Zeilen in einem Guinness-Trainerjäggli, gekauft in der Brauerei itself à Düblää.) Aber aah, so ein Störtebeker Schwarzbier... aus Stralsund, der schönsten Hansestadt! Backsteingotik! Unesco Welterbe! Riesenkrabbe im Meermuseum! Maischolle! Commandantenhaus! Vom Stuhl fallende Schweden anlässlich der Unescofeier 2003! (Stralsund war von 1648 bis 1815 schwedisch, ausser natürlich von 1715 bis 1720, als Stralsund natürlich dänisch war, und die schwedische Festdelegation profitierte an besagter Unescofeier - in alten Husarenuniformen - im Restaurant Ratskeller natürlich vom noch sehr DDR-geprägt tiefen Alkoholpreis.) Stralsund! Ja, wohin führte Angela M. den vermaledeiten Dabbelju während dessen Staatsbesuches? Anders gefragt: Wohin gehen die mächtigste Frau der Welt und der mächtigste Mann der Welt? Iu, nach Stralsund! Pension Cobi! (Dort gingen sie nicht hin.) Familienpension Prochnow! Hafenkneipe "Werkstatt"! Mit Punkrockkonzert bis in die Morgenstunden! Dazu Störtebeker Schwarzbier! (und -Pilsener!) Turm der Marienkirche! Die Rundsicht von dort! Die Buchholz-Orgel in der Nikolaikirche! Volkswerft! Erkanntwerden im Tschippinesenrestaurant 2005 ("dasch doch der Gesa!" -> Es waren Burdlefer)! Kurz: ein Traumbier aus einer Traumstadt, ganz ganz objektiv.
getrunken am 16.1.11

Zum Beweis, dass ich nicht als einziger so euphorisch bin:

Sonntag, 16. Januar 2011

Bier 9: Cervoise Lancelot

Tja, Zufälle gibt's. (Was für eine doofe, abgedroschene Phrase. Immerhin habe ich einen genug wachen Geist, es gemerkt zu haben, und einen genug grossen, sie nicht sofort getilgt zu haben. HÄTTE also dann im Fall nicht viel zu tun gegeben, hä.) Auf jeden Fall ging das mit den Lancelotbieren am selben Tag folgendermassen weiter.
(Über die Hintergründe des Abends mit Kino und Beiz mit S: http://sylvieslebensrausch.blogspot.com/2011/01/ein-abend-zu-zweit.html)
Wir betreten wie geplant und reserviert die Grepperii Le Caroussel am Falkenplatz, und die sind also wirklich stilecht. Bretonische Galettes, das sind die salzigen Crêpes aus Buchweizenmehl, und eben  Crêpes aus Weizenweizenmehl, das sind die süssen. Und jetzt kann man die Füllung wählen. Und man kann bretonische Biere trinken! Und gleich auf dem zweiten Tischli links in der Ecke (ah! Dort s-/assen S und ich drei Tage nach der sogenannten Käfergeburt im ersten Ausgang zu zweit, als wir eben nicht mehr zu zweit waren; der Käfer wurde in der Zwischenzeit im Lindenhof von den Säuglingsschwestern betreut...) stehen doch nicht zwei ihres Abgeräumt-Werdens harrende leere Fläschli Telenn Du! Also, ich nehme eine Galette mit épinard, öff und scheewrö, und dazu, wie im Titel schon ganz knapp angedeutet, eine Cervoise Lancelot. Auf der Etikette wird darauf hingewiesen, dass Cervoise eben ein Bier nach gallischer Tradition sei (und ich dachte immer, cerevisia sei lateinisch. Die Altphilologen sind auch nümm was früecher). Es ist ambrée, hat 6%, ist recht stark im Geschmack mit einer krautigen Bitterkeit, die an die in den 1990er Jahren in Mode gekommenen Hanfbiere erinnert. Und natürlich eine kitschige Etikette (siehe letzten Blog). Man kann fünf der Lancelot-Biere in besagter Crêperie übrigens kaufen. (Das Telenn Du hatte ich aus dem Bierladen an der Rue des Frères/Brüdergasse in Strasbourg/Strassburg.)
getrnken am 15.1.11

Bier 8: Telenn Du

Uh, eine Entdeckung. Also Brötanjefän bin ich ja schon ohnehin, aber hier ein Grund mehr. Die bretonische Brauerei Lancelot, gegründet 1990 in einer ehemaligen Goldmine, braut verschiedene spezielle Biere. (Lanzelot, ein Ritter von Artus' Tafelrunde, fand den Heiligen Gral leider nicht. Sein Vater war ja auch nicht Sean Connery.) Und weil man ja über die Kelten sozusagen nichts weiss (schon unser GAIVS IVLIVS hat seine ethnographischen, hm, Anekdoten im VI. Buch über den Gallischen Krieg dem Poseidonios abgeschrieben), ist da alles ein bisschen mythisch. Auf jeden Fall sind die Biere der Brauerei Lancelot nach Sagenfiguren benannt, die Schriftzüge sind gerne etwas (nein, ziemlich stark und in kitschiger Weise) verschnörkelt, und auf der Homepage bilden neblige Schwarzweissphotos von gefürchigen kahlen Ästen den Hinergrund. Mir soll's recht sein, so lange das Bier schmeckt. Wie würde der Deutsche sagen? "Legaa, legaaaaaa!!!" Nein, würde er natürlich nicht, weil diese Biere hier nicht nach seinem Tteuttschen Rrrreinheitsgebott von fffunfffzennsssechzzzenn gebraut sind.

Unser vorliegendes Exemplar, das Telenn Du, hat nämlich Buchweizen drin, Sarrasin, auch blé noir, da können die Bayern abfahren. 4.5%ig, dunkelstbraune Farbe, der Schaum dicht und milchcaféfarben, im Geschmack herrlich dunkel-malzig, aber mit frischer Hopfenbittere, die an ein Pale Ale gemahnt (Vorsicht: nicht etwa "mahnt"). Kurz: eine Synthese aus Braukünsten von Ländern keltischen Erbes, geschmacklich etwas zwischen Guinness und eben einem Pale oder Red Ale. Ja, Das Guinness-Symbol ist die Harfe, zu finden im Signet (wenn man nicht gerade, was in jeden Lebenslauf gehört [dazu werden noch blogs kommen], eine Dose hat, wo "250 years" draufsteht, die man im Jubiläumsjahr persönlich in der Brauerei selbst gekauft hat, sonst zählt es nicht), und was heisst "Telenn Du"? Schwarze Harfe. Äbe. Ah, da kommt einem noch der Single Malt "Dallas Dhu" in den Sinn, und was heisst also das? "Tal des schwarzen Wassers", nachgeschlagen bei Miachel Jackson (dem eigentlichen, DEM Bier- und Whiskyautor der Weltgeschichte, das darf man sagen, wenn man beide Gebiete zur Bedingung macht. Dem habe ich, auf einem Whiskyschiff in einer Stadt, die sich für eine hält, ins Auge geblickt - auch dies gehört in eine anständige Biographie - das schon ausgeleiert, gerötet und wässrig war, ob mehr vom Whisky oder vom Parkinson, bleibt offen). Item - wir wissen nun, dass du oder dhu auf keltisch schwarz heisst. (Also die Dallas-Dhu-Whiskybrennerei hat ja 1980 aufgehört zu destillieren und fungiert seit 1983 immerhin noch als Museum, aber ein 5-cl-Gütterli habe ich davon, das ich äuä sinnigerweise im Schwarzwassergraben trinken werde.) Kommen wir doch wieder zur Sache. Was ich mir da noch notiere zum Telenn Du: "Läck du mir! Das beste der acht bisher beschriebenen Biere."
getrunken am 15.1.11

Bier 7: Rothaus Hefeweizen

Und wieder im Schwarzwald. 5.4% Süss, sehr süss, Abgang zunehmend hefig, sehr hefig. Aber hey. Erstens heisst es ja Hefeweizen, und zweitens weist die Brauerei auf der Homepage ausdrücklich auf den Hefegeschmack hin (qui s'excuse, s'accuse?): "Neben der feinen Hopfenbittere (15 Bittereinheiten) hat das Rothaus Hefeweizen sortentypisch eine weitere wichtige Geschmackskomponente, die Hefe." Je weiter jedoch der Konsum der Flasche fortschreitet, desto saurer schmeckt das Bier. Gut, man müsste vielleicht erwähnen, dass es vom letzten Sommer ist und als Datum den 23.12.10 aufgedruckt hat.
getrunken am 14.1.11












Mittwoch, 12. Januar 2011

Bier 6: Chodovar Vánoční Special

Dieser Beitrag handelt einerseits von uralter Braukultur, andererseits von den sogenannten lautstarken Deppen. Im westböhmischen Kuttenplan (Chodová Planá) wird die Brauerei erstmals 1573 erwähnt: Die Adelsfamilie von Schlick braut das Chodenbräu. (Das sind noch nicht die lautstarken Deppen.) Das Vánoční Special ist das Weihnachtsbier der Brauerei und kommt in einer schönen grünen Bügelflasche auf uns. Es ist wunderbar fruchtig-malzig, Typ tschechisches Lager, schöne dunkelblonde Farbe, etwas stärker im Geschmack und auch im Alkohol, nämlich 5.1%, als die 'regulären' tschechischen Lagerbiere, die meistens so zwischen 4 und 4.3% aufweisen. Und jetzt kommen die Deppen angerannt: "He! He! Ir Tschechei hani mou es Bier gha, das het 13%!!" - Aufklärende Einwände werden im Keim niedergeschrieen: "MOOOOOOOUUUUUU!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!"
Deppen sind ja als solche stur und unbelehrbar. Werfen wir doch nun einen Blick auf den Flaschenhals unseres heutigen Bieres:


 Aha. Dies ist die Optik der Deppen. Hier nun die Optik des Kenners und Liebhabers, auf der Rückseite (es steht nur ganz klein; auch eine grosse Schrift nützte bei den Deppen nicht):


Die Tschechen geben eben den Stammwürzegehalt an. Beim Brauen erhitzt man das Brauwasser mit dem Malz (die Maische), um den Malzzucker herauszulösen. Dann heisst die Maische Würze. Der Gehalt an Stammwürze bezeichnet in Gewichtsprozent den Gehalt an Malzzucker, aber auch an Eiweiss, Mineralien und Vitaminen. (JA! BIER IST GESUND!) Über den Daumen gepeilt, entwpricht der Alkoholgehalt eines Bieres ein bisschen mehr als dem Drittel des Stammwürzegehalts.
Hier nun noch meine Konsumation dieses Biers:

Es geht NOCH stilvoller: Zur Brauerei gehört ein Wellnesshotel, das u. a. Bierbäder anbietet.


getrunken am 12.1.11 

Dienstag, 11. Januar 2011

Bier 5: Boxer brunette

Ein samtiger Schlummertrunk. 5.2 % Alkohol, abgefüllt in ein 25-cl-Einwegfläschli, braunes Glas; das muss man erst einmal suchen. Und zwar im Coop Le Locle - Kenner der Region und der französischen Sprache sagen: "im Loggu hinger". In unseren Breitengraden kommt man nur schwer an das dunkle Boxer; das helle kauft man am besten in der Landi. Also, zurück zu unserem heutigen Bier: die Röstaromen sind dezent, aber präsent. (Reim komm raus, du bist umstellt!) Eines der süffigeren dunklen Biere (wird erst seit 2000 gebraut), könnte zum Missionieren diesbezüglich dienen. Die Brauerei Boxer in Romanel-sur-Lausanne ist ja so etwas wie eine Rebellenbrauerei, wurde sie doch 1960 als Nicht-Kartell-Mitgliedsbrauerei gegründet. Der Hund auf der Etikette heisst übrigens Aramis, wurde am 14.4.51 geboren, gehörte den Brauereigründer A. Heusser und liegt heute auf dem Brauereiareal begraben.
getrunken am 10.1.11

Freitag, 7. Januar 2011

Bier 4: Rothaus Märzen Export

"Märzen Export": Ja, was denn nun? Und doch gibt es einen Zusammenhang. Bevor man die Hefe als solche entdeckte, liess man das Bier in offenen Bottichen gären; in der Luft schwirrten genug (sogenannte wilde) Hefezellen herum, um die Gärung einzuleiten. Im Sommer konnte man nicht brauen; einerseits war die Luft zu voll solcher Hefen, und zur Gärung war andererseits die Temperatur zu hoch. Also braute man im März (oder auch April) ein letztes Bier, oft etwas stärker der Haltbarkeit wegen, und lagerte es bis September/Oktober in Kellern. Danach konnte man wieder brauen. Es ist also kein Oxymoron, wenn die Münchner Brauerei Hacker-Pschorr jeweils im Herbst ein "Oktoberfest Märzen" anbietet, da Märzenbiere eben eigentlich für den Herbst bestimmt sind. Item. Dieses hier ist von einer schönen dunkelblonden Farbe, hat 5.6 % und schmeckt vollmundig. (Ich hätte vorher besser keinen kubanischen "Bock"-Cigarillo geraucht. [Oder dann aber zu einem Bockbier natürlich.]) Die Rothaus-Brauerei ist ja vor allem für ihr Tannenzäpfle-Pils bekannt, das man auch in der Schweiz kaufen kann. Dieses Märzen habe ich aus Freiburg (im Breisgau, aber egal, es sind ja beide Zähringerstädte). Zum Schluss noch eine Kostprobe deutscher Werberhetorik vom Flaschenhals (in Deutschland heissen Kräuter ja ausschliesslich "frische Gartenkräuter", Fische heissen stets "fangfrisch vom Kutter", und Baguette heisst "Baguette frisch vom Franzosen um die Ecke" - so gesehen im Sommer 2009 auf der Nordseeinsel Amrum: weit und breit war kein anderes Haus in Sicht): "Das kristallklare, weiche Brauwasser aus 7 Quellen in 1000 m Höhe aus dem Urgestein des Hochschwarzwaldes macht Rothaus-Bier so wohlschmeckend und so bekömmlich." Zählt man ganz pingelig, kommt man auf insgesamt 14 Attribute, die Wasser und Bier beschreiben.
getrunken am 7.1.11


In 33-cl-Fläschli abgefült, heisst das Bier "Eiszäpfle". Inzwischen habe ich auch ein entsprechendes Glas.

getrunken am 22.6.11



Donnerstag, 6. Januar 2011

Bier 3: Egger Bockbier (Weihnachten 2010)

So, das ist stärkere Ruschtig. Malzig, üppig im Geschmack, langer Abgang, eigentlich nichts, wenn man nichts im Magen hat ausser zwei Weggli Königskuchen, zwei Stunden vorher gegessen de ersch no. Deutlicher Alkoholgeschmack. "Festlich, würzig, kräftig" steht auf dem Flaschenrücken. So etwas gehört sich nun, bin ich doch vor zwei Stunden ein König geworden. Übrigens ist es, das Datum lässt es erahnen, der 2010er Weihnachtsbock von Eggers. 5.8 Volumenprozente, jawohl. Vor einigen Jahren tat der Egger Max nur 5.2 % in den Bock: Wo bleibt da der entscheidende Unterschied zu einem füdlegewöhnlichen Spez? Äbe. Bockige Etikette, nicht wahr? Dabei hat der Name Bockbier nichts mit einem Bock zu tun, sondern leitet sich von der deutschen Stadt Einbeck ab (1521 lobte schon Martin Luther das "Ainpöcksche Bier"). Aah, mit dem Egger Bockbier verbinden sich Erinnerungen an einen sagenhaften 31. Dezember 1994 im HAUS an der Lotzwilstrasse, auch wenn der Auftakt zu diesem Tag (noch vormittags) mit einer Literflasche Boxer Bier begann.
getrunken am 6.1.11




Bier 2: Rugenbräu Zwickel

Unfiltriertes Lagerbier (4.8 % Vol.) aus Interlaken. So trüb ist es gar nicht, obwohl die Etikette "naturtrüb" verheisst und "vor Gebrauch schwenken" gebietet. Womit wir zunächst beim Sprachlichen wären. Ein Bier "gebrauchen": Das scheint nicht von hohem Selbstwertgefühl zu zeugen, oder dann aber nicht von hohem Sprachgefühl. Fürs letzere spricht der Name: "Zwickel Bier", nicht etwa "Zwickelbier" oder "Zwickel-Bier". - Genug gestänkert. Das Bier ist tiptop: chüschtig, aber süffig; fruchtig, aber nicht zu süss. (Dazu Neuenburger Saucisson, in der Metzgerei Montandon in Les Ponts-de-Martel eigenhändig gekauft. Wenn die Schaumkrone also zusammenfällt, liegt es am fettverschmierten Glasrand.) Sicher eines der besten Rugenbräu, sicher besser als das Lager (das bis vor wenigen Jahren noch die traditionelle Bezeichnung "Export" führte) und das Alpenperle; weniger bitter als das Spez, und mit dem Dunklen kann man ja nicht vergleichen. Eindrücklich auf jeden Fall, wieviel Geschmack das Filtrieren dem Bier nimmt, das Zwickel liefert verglichen mit dem Lager den Beweis.
getrunken am 4.1.11