Montag, 30. Juli 2012

Bier xxx: Ziegelhof Lager


Vorbemerkung: Die Degustationsnotizen muss ich dann vielleicht noch einmal wiederholen, da das Bier schon eine Trübung aufweist und über ein halbes Jahr über Datum ist. Aber erstaunlich gut unter diesern Umständen. Nicht sauer. Aber auch nicht dieser etwas beissende Ziegelhof-Nachgeschmack, den das Ziegelhof früher hatte. Früher. Früher, als es noch in Liestal gebraut wurde. Und in die alten 58-cl-Bügelflaschen abgefüllt. Jä. Zlieschtelgopfedaami, nit. Immerhin hat Eichhof nach der Übernahme 2006 das 58er-Format beibehalten, wenn auch nicht die Bügelflasche. Unten auf dem Bild sieht man links noch eine mit in Liestal gebrautem und abgefülltem Lagerbier (übrigens natürlich 4.8 %), in der Mitte dann das 'neue', bei Eichhof Luzern gebraute und abgefüllte Ziegelhof Lager. Rechts noch eine Flasche Ziegelhof Rauracher Bräu, ein dunkles Starkbier mit 6.5 %. Davon habe ich noch zwei Exemplare. Aufgedrucktes Datum: 23.10.2007. Bin ich doch nach der Schliessungsbekanntgabe nach Liestal gefahren und habe mir noch je eine Harasse Lager und Rauracher gekauft. Das letzte Rauracher habe ich glaub' 2010 getrunken, das war noch gut. Dazu ein Cigärrli von Wuhrmann aus dem nahen Rheinfelden, damals auch schon geschlossen.

Exkurs: Ja, uh, das Rauracher Bräu. Das letzte dunkle Bockbier einer traditionellen Schweizer Brauerei. Wunderbar. Weshalb Rauracher? Ah, die nahegelegene einstige Römerstadt Augusta Raurica. Wie schrieb Caesar? Aahjoo, im 5. Kapitel des I. Buches: "Persuadent Rauracis et Tulingis et Latobrigis finitimis, uti eodem usi consilio oppidis suis vicisque exustis una cum iis proficiscantur [...]" Das ist jetzt vielleicht nicht ganz einfach. Also, Subjekt sind immer noch die Helvetier, die im Satz vorher erwähnt worden sind. Dann kommen neben den Tulingern und Latobrigern eben die Rauracer vor. Uti ist eine Nebenform von ut. Obacht! Persuadere mit Infinitiv heisst "überzeugen", aber mit Konjunktiv, so wie hier - proficiscantur - "überreden". Das ist ein Unterschied. Die Helvetier sollen ja möglichst schlecht wegkommen, damit Caesar sein Eingreifen in Gallien rechtfertigen kann, wozu er als Proconsul ja nicht berechtigt gewesen wäre. Weitere Übersetzungshilfen: "usi" ist ein Participium coniunctum des Deponens "uti", das als Objektskasus den Ablativ verlangt; deshalb consilio. "oppidis suis vicisque exustis" ist ein Ablativus absolutus, "una" ein zum Adverb erstarrter femininer Ablativ des Pronominaladjektivs und gehört inhaltlich zu "cum", das hier nicht etwa die Konjunktion "cum" ist, sondern die Präposition "cum". Im Partizip Perfekt passiv "exustis" sieht man übrigens noch das ursprüngliche s, das ja im Praesensstamm "exur-" durch Rhotazismus zu r geworden ist. So, jetzt sollte das Übersetzen gehen. Nicht? Also, hier die Lösung: "Es wird einmal ein nach den Rauracern benanntes Bier geben, aber dann kommen die hurengopferdammten Eichhöfler aus Luzern und schaffen die Sorte ab, und dann verkaufen sie ihre eigene Brauerei noch den Holländern, und plötzlich müssen auch die Tulinger und Latobriger und alle anderen Schweizer an ihrem Auto eine Wohnwagenkupplung haben, ohne die man in Holland nämlich von der Polizei erschossen wird." Soweit Caesar. Ende Exkurs.

Es gab früher noch viel mehr Ziegelhofsorten: das Light und das Panachita Panaché. Die wurden bei der Übernahme durch Eichhof 2006 schon nicht mehr gebraut. Ich erinnere mich noch, dass vor einigen Jahren das alkoholfreie Biobier von Coop (Eigenmarke) von Ziegelhof stammte, dann plötzlich von Locher aus Appenzell. 2006 wurden noch folgende Sorten gebraut: Lager, Spezial hell "Goldbräu", Spezial dunkel, das Alkoholfreie, Zwickel 5.2%, Rauracher Zwickel 5.5 %, Rauracher Bräu. Die Palette sieht man auf dem Bildschirmschoner, der sich bei den ganz geilen Siechen auf dem Computer findet:
























Und heute werden nur noch das Lager, das helle Spez und das Zwickel gebraut. Unverschämt daher, dass die Eichhöfler auf der Homepage www.ziegelhof.ch schreiben: "Die Baselbieterinnen und Baselbieter lieben die Abwechslung. Darum können Sie bei Ziegelhof zwischen drei verschieden Biersorten auswählen." Drei! Wirklich? Wir sind überwältigt.

Was mit dem Brauereiareal in Liestal geschehen soll, ist übrigens eine verzwickte Geschichte. Wer kennt es nicht, LiMa, das Magazin für Liestal und Umgebung? Mooouu, das da:






































Jetzt erinnern Sie sich sicher wieder, lieber Leser, liebe Leserin. Es geht insbesondere um die Ausgabe Juli-August 2011, Seite 26:


























































































Wie das hätte aussehen sollen, sieht man hier:

























bisher:





















Die Gegner der Überbauung haben sogar eine Homepage eingerichtet:
http://www.ziegelhofareal.ch/. Dort hat es eine gute Graphik, die das Problem (oder eines der Probleme) illustriert:
























Hauptargumente: Das Projekt sei überdimensioniert; die Liestaler Altstadt werde in ihrer Einheit beeinträchtigt, historische Gebäude seien vom Abriss bedroht, u. a. das Braumeisterhaus aus dem 18. Jahrhundert. Details:
http://www.ziegelhofareal.ch/willkommen.html und
http://www.ziegelhofareal.ch/argumentarium.html

Es gab eine richtige Schlammschlacht. BaZ online vom 6.1.12:
Es kam im vergangenen Oktober ans Licht: Seit März 2010 hält der Liestaler Stadtrat eine Studie zur Altstadtentwicklung unter Verschluss. Stadtpräsidentin Regula Gysin (FDP) und Stadtrat Ruedi Riesen (SP) weigerten sich damals, die Studie des Netzwerks Altstadt herauszurücken. Begründung: Es handle sich um ein «harmloses internes Arbeitspapier». Als Ende November die überarbeiteten Baupläne für das ehemalige Areal der Brauerei Ziegelhof der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, lehnte es Bau- und Planungschef Riesen auch ab, den Vorprüfungsbericht des Kantons offenzulegen. Die Anliegen des Kantons seien weitgehend berücksichtigt worden, erklärte Riesen.
Die beiden Papiere, die jetzt der BaZ vorliegen, bergen aber Zündstoff: Einige Aussagen stärken den Anwohnern des Ziegelhofareals den Rücken. Die Quartierbevölkerung kämpft für den Schutz des Ortsbilds und wehrt sich gegen die Entwertung einiger Liegenschaften durch die geplante Geschäfts- und Wohnüberbauung.

Auf jeden Fall hat der "Liestaler Einwohnerrat" (?!?!) im April den "Quartierplan bem Ziegelhofareal" abgesegnet, und nun kann das Baselbieter Stimmvolk am 23.9.12 darüber abstimmen. Aber uiuiui. Am 14. Juni lässt Fritz Strub vom Verein Pro Ziegelhof in der bz Basellandschaftlichen Zeitung "ein erstes Bömbchen platzen: «Wir haben Investoren an der Hand, die bei einer Ablehnung des Quartierplans bereit sind, das Ziegelhofgelände zu kaufen und schonend umzunutzen.» «Niemand will sich im jetzigen Stadium die Finger verbrennen.» Dazu gehöre, dass sie nur einzelne Gebäude ersetzen und im Gegensatz zum jetzigen Projekt die Wohnhäuser an der Lindenstrasse sowie das alte Bürogebäude an der Gerberstrasse samt dahinter liegendem Spickel sanieren wollten. Eine Konsequenz davon wäre, dass der Hauptmieter Coop zwar auf die angestrebte Ladenfläche von 2000 Quadratmetern käme, diese aber nicht auf einer, sondern auf zwei Ebenen liegen würden - wie in andern Coop-Filialen auch."
Wir bleiben dran.
getrunken am 30.7.12


Freitag, 27. Juli 2012

Bier xxx: Müllerbräu Lager

Als Erstes und eigentlich fast Wichtigstes sei der Gebrauch der alten 58-cl-Bügelflasche herausgestrichen. Super. Seit einigen Jahren hat die Badener Brauerei ein neues Logo. Selbstverständlich findet sich in jedem gutsortierten Haushalt eine stattliche Anzahl der alten Lagerbieretiketten (siehe Bild). Lager hell, süffig, fruchtig, ein bisschen seifig. Aber gut. Fuhr man als Gymnasiast seinerzeit extra von Langenthal nach Aarau ins Telli-Center, um eine Harasse zu erstehen. (Natürlich nur als Vorgeplänkel zum Besuch der Brauerei Karbacher in Schönenwerd, schnüff, schnüff...) Mit der Wortzusammensetzung sind die Müller nicht so konsequent wie beim Brauen. Auf der Vorderetikette: "Lagerbier". Hintendrauf: "Lager Bier" (pfui!). Heute: "Müller Bräu", früher: "Müllerbräu", aber "Müller Biere Baden".
getrunken am 27.7.12

Montag, 9. Juli 2012

Bier xxx: Sonnenbräu 1891 dunkel Jubiläums-Bier

Mit diesem Bier hat Eduard Graf anscheinend 1891 "den Grundstein für die Sonnenbräu" gelegt, und jetzt wurde es zum Jubiläumsjahr 2011 nachgebraut (zum Jubiläum siehe Bier Nr. 111). Oder entspricht es dem früheren dunklen Lager? Oder Spezial? Alkohol = 5.0%, Farbe dunkelbraun, aber noch durchsichtig. Laut der aktuellen Ausgabe von Biergenuss, dem Schweizer Biermagazin (2012-02) handelt es sich um ein untergäriges Spezialbier. (Die Titelseite fungiert unten als Bildhintergrund.) Süsslich, Röstaromen, für meinen Geschmack ein bisschen zu süss, aber so hat man 1891 offenbar Bier getrunken, hä. (Den Sonnenbräu-Humpen, den ich mal hatte, habe ich bei der Züglete 1999 aussortiert.)
getrunken am 9.7.12






































Es gibt nüjerdings auch einen Bierbrand davon: