Donnerstag, 26. Mai 2011

Bier 63: Efes Pilsen(er)

Mmh. Das ist also auch wieder einmal ein gutes Bier - obwohl es ein ausländisches Massenprodukt ist. Aber schon allein die Tatsache, dass ein muslimisches Land Bier braut, macht dieses hier sympathisch. Der Name ist allerdings griechisch, entlehnt von Ephesos, der bedeutenden antiken Stadt Kleinasiens, genauer gesagt Ioniens, die mit dem Artemistempel sogar eines der sieben Weltwunder besass. Und in diesem Tempel legte kein Geringerer als der berühmte Vorsokratiker Heraklit, gebürtiger Epheser, sein Werk "Über die Natur" nieder, damit es seine Zeitgenossen lesen konnten. Der Satz "Panta rhei" (alles fliesst) stammt nach neuerer Forschung nicht von ihm selber, aber das Efes-Bier fliesst trotzdem gut. Der Satz soll die Haltung Heraklits zum Ausdruck bringen, dass alles in stetigem Wandel begriffen ist, in ununterbrochenem Werden und Vergehen. Geschrieben hat er Folgendes (und ich musste es mühsam abtippen):







(Man beachte unter anderem die archaischen Dativformen!) Also, das heisst: "Für diejenigen, die in einen Fluss steigen (wörtlich "gehen"), fliessen andere und (wieder) andere Wasser(fluten) herbei. In dieselben Flüsse steigen (gehen) wir und steigen wir nicht; wir sind es und sind es nicht."

Nun denn, auch die Perserkriege konnten nicht verhindern, dass Efes heute türkisch ist, ebenso das nahegelegene Izmir, wo die erste Efes-Brauerei stand. Heute wird das Bier in Byzanz eeh Konstantinopel eeeh Istanbul gebraut.

Es handelt sich selbstverständlich um ein "Premium"-Bier. 5.0 % Alkohol hat es. Farbe: sattes Blond. Sehr fruchtig im Geschmack, so zwischen Gurten/Warteck auf der einen und deutschem Pils auf der anderen Seite. Aha, es hat einen Anteil Reis drin, was zu dezentem Goût führt. (Oder zu gar keinem, siehe das amerikanische Bödweiser.) Irgendeinmal gewonnene Medaillen oder Preise zieren die Efes-Büchse noch, darunter Paris 1973. Das habe ich ja nicht einmal mehr erlebt. Gut, ab Mai 1973 gab's mich im Mutterbauch. Könnte also doch sein. Item - hoffentlich hat die Qualität seit dann nicht abgenommen.

Bilder gibt's heute einmal keine authentischen, da ich die Büchse im Zug konsumiert habe. Ganz komisch kam mir das vor, so ein Efes ohne Kebab dazu.
getrunken am 26.5.11

Freitag, 20. Mai 2011

Bier 62: Stadtguet amber

Zur Brauerei siehe Bier 61. Chüschtig. Farbe: dunkelblond, etwas rötlich. Das Bier ist filtriert und hat 4.8% Alkohol. Der Geschmack ist hopfiger als beim Hellen und erinnert an Altbier. Nimmt mich wunder, ob es obergärig ist. Fruchtig, ale-artig. Gut! Auf der Rücken-Etikette steht, wie auch beim blonden: "Mit Leidenschaft und Erfahrung aus den besten regionalen Rohstoffen..." etc. Erfahrung, wo doch die Brauerei erst seit 2005 in Betrieb ist? Aha, der Braumeister, Stefan Engl, ist ein "echter Bayer", wie die Homepage versichert.
getrunken am 20.5.11 um resp. ab 00.20 Uhr

Bier 61: Stadtguet blond

Wie im letzten Biertext besprochen, wurden in den letzten 20 Jahren die grösseren Schweizer Brauereien von den grossen und die grossen von den noch grösseren gefressen, dann kamen die Ausländer Carlsberg und Heineken aus Dänemark resp. Holland, übernahmen die Fusionsprodukte und teilen sich heute zwei Drittel des Schweizer Biermarktes unter sich auf (Heineken 23% mit Calanda, Haldengut und Eichhof mit Ziegelhof) und Carlsberg 40% mit Feldschlösschen, Cardinal, Warteck, Gurten, Walliser Bier und Hürlimann). Und was haben wir noch geschrieben? "Uns soll's egal sein; wir trinken von den Kleinen." Das Ganze hat nämlich auch positive Seiten: Grosse verschiwinden und Traditionen gehen zu Ende, aber unzählige Neue, Kleine kamen nach.

Eine eigentliche Binsenweisheit ist den Wirtschaftswachstumfritzen nämlich nicht in ihr E-Matur-Hirneli gekommen: der simple, etwas plakative Satz "Bier braucht Heimat." Die Leute wollen sich mit ihrem Bier identifizieren können und nicht ein multinationales Gesöff schlürfen. (Ämu die, wo druschöme.) Heineken hat das teilweise begriffen und das (in Chur gebraute) Amstel vom Schweizer Markt zurückgezogen. Vor allem wollen die Leute gutes Bier und nicht grusiges. Und die Kleinbrauereien machen einfach das bessere, individuellere und vielseitigere (das heisst mehr phantasievolle Sorten) Bier. Schon eine Woche nach der Bekanntgabe der Stilllegung der Gurtenbrauerei hatte Max Egger zig Anfragen von Wirten, die zu ihm wechseln wollten. Vom Brauereisterben der Grossen profitieren die Kleinen, und unzählige Kleinst-, Gasthaus- und Hausbrauereien schossen aus dem Boden. 1990 gab es in der Schweiz noch etwa 30 Brauereien, heute etwa 300 (zumindest theoretisch; nicht jede Garagenbrauerei ist wohl unentwegt in Betrieb).  Zwar blieben in den letzten paar Jahren noch einige Mittlere auf der Strecke: Ziegelhof in Liestal, Lanter & Bärlocher in Weinfelden, Löwengarten in Rorschach und ... schnüff ... der allerherbeste Verlust ... Karbacher in Schönenwerd. Insgesamt ist aber die Biervielfalt in der Schweiz so gross wie seit hundert Jahren nicht mehr, wenn nicht gar grösser denn je. Und was will man mehr? (Gut, etwas schon: Karbacher und Baumberger.)

Dies die Einleitung zum heutigen Bier. Manchmal gibt es aus Protest gegen eine Schliessung gerade eine Brauerei am selben Ort. Und wie beim Haldengut vermerkt, wurde die Brauerei in Winterthur 2002 geschlossen. 2004 gründeten einige Enthusiasten eine neue, kleine Brauereifirma: die Brauerei Stadtguet. 2005 war die Brauerei an der Industriestrasse 35 betriebsbereit, und seither sind die Anlagen sogar schon vergrössert worden. Die Jahrzahl 2002 auf der Etikette nimmt wohl Bezug auf die Haldengut-Schliessung und das erste Keimen der Idee einer Neugründung.

So, und nun zum Bier, sonst steht es ab und wird warm, denn ich habe es eingeschenkt und zu trinken begonnen, als ich mit dem Schreiben begonnen habe. Klar, also filtriert, Farbe: etwas heller als "normal", Alkohol 4.8% (ein bisschen bünzlig für eine aus Protest gegründete Kleinstbrauerei, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf), im Geschmack fruchtig und etwas süss, aber nicht zu süss. Schwach gehopft.
getrunken am 19. und 20. Mai 2011 (je ca. eine Viertelstunde vor und nach Mitternacht)

Mittwoch, 18. Mai 2011

Bier 60: Haldengut Lager

Haldengut - das Winterthurer Traditionsbier. Kann man fast nirgends kaufen, ämu in unserer Gegend. Gefunden habe ich ein 10erpack 33cl-Einwegfläschli - horribile dictu - im Lidl. Nun ist es raus. Also, zum Bier: Lagerbier mit  4.8 % (natürlich). Der Geschmack ist gar nicht leid; ein typisches Schweizer helles Lager. Im Vergleich mit anderen hiesigen Lagerbieren ein bisschen herber als der Durchschnitt, würde ich sagen. Die Brauerei hat geradezu eine klassische Schweizer Grossbrauereikarriere hinter sich. Im 19. Jahrhundert gegründet (1843, je nach Interpretation schon im Winter 1841/42), Wachstum bis nach der Mitte des 20. Jahrhunderts, nicht zuletzt dank der ortsansässigen Industrie (Sulzer, SLM, Rieter), sogar eine eigene Mälzerei, synchroner Rückgang mit dem Niedergang der Maschinenindustrie, Fusion mit Calanda 1989, Übernahme beider durch Heineken 1994, Schliessung der Brauerei in Winterthur 2002. Begründung auf der Homepage: "Die Schweizer trinken immer weniger Bier." Das stimmt teilweise: "aus Grossbrauereien", müsste man ergänzen. Während die Klein(st)en immer mehr Absatz finden, fressen die grossen einander auf und schliessen Standorte. Uns soll's egal sein; wir trinken von den Kleinen und haben das Haldengut als veritablen Exot gekauft.

Und ein paar Erinerungen stecken im Haldengut: Was dies doch, damals noch in Winterthur gebraut, das Bier der meisten Beizen in Dübendorf, wo ich 1995 die FF Na/Uem RS 243 machte, das heisst Flieger/Fliegerabwehr Nachrichten-und Übermittlungs-RS. Damals herrschte übrigens die Unsitte, dass ein Grosses nur in einem 4dl-Humpen serviert wurde statt in einem 5dl-Gefäss. Glaub der Gugger, dass die Leute immer weniger Bier trinken. Trinkt einer täglich zwei Grosse in der Beiz (dasch jo nüüt!), fehlen Ende Jahr 71.2 Liter, was weit über dem auf der Haldengut-Homepage für 2002 als tief beklagten Schweizer Prokopfkonsum von 56.6 Litern liegt. Immerhin verwendet Heineken-Calanda-Haldengut fürs Haldengut-Bier anscheinend (teilweise) einheimische Braugerste.

Früher gab es noch das dunkle Haldengut, je ein helles und dunkles Lager, Spez und Starkbier sowie das "Premiumbier" (!) Haldenkrone. Dies wird heute, als Spezialbier bezeichnet, als einzige Sorte neben dem hellen Lager weitergebraut. Die Brauerei in Winterthur war zu Beginn des 20 Jahrhunderts die viertgrösste in der Schweiz.

















Heute sind dort Wohnungen und Geschäftsräume geplant.



















getrunken am 18.5.11


Dienstag, 17. Mai 2011

Bier 59: Ela Bier

So, jetzt machen wir grad den Direktvergleich. Und zwar mit Bier 58, demjenigen aus Bündner Bio-Braugerste. Das hier ist aus Savogniner Braugerste und wird auch in Appenzell gebraut. Alkohol hat es nur 4.8 % und nicht 5.0 wie das andere. Es ist ähnlich im Geschmack, aber weniger herb, weniger hefig-unausgegoren und hat deutlich mehr Kohlensäure. Es ist besser im Geschmack, obwohl es nicht bio ist. Doheimersch.

Es gibt (oder gab? die Homepage ist überhaupt nicht mehr aktuell) das Bier auch aus der ursprünglichen Hausbrauerei aus Bivio, gebraut mit Bergquellwasser (auf dieses Thema gehen wir jetzt einmal nicht ein) von der berühmten Wasserscheide am Piz Lunghin. Ja. Daschebärg. 2780 m ü. M. Wer dort noch nie oben stand, söugradabfahre. Und dort oben entspringen drei Bächlein, von denen das eine schliesslich als Gelgia/Julia, später Rhein, in die Nordsee resp. den Atlantik fliesst, das andere als Maira/Mera, später Po, in die Adria resp. Mittelmeer, und das dritte als En/Inn, später Donau, ins Schwarze Meer. Wenn man sich also ganz geschickt anstellt, kann man dort oben gleichzeitig in zwei oder sogar drei Weltmeere gleichzeitig schiffen. Ich hab's nicht ausprobiert.

Probiert habe ich allerdings das "richtige" Ela Bier, 2009 und 2010, und es schmeckte ausgezeichnet. Heute halt dasjenige aus Appenzell, dafür Trockenfleisch aus dem Nachbarort Tinizong dazu. Die Fleischtrocknerei hat Pietro Peduzzi ja - wer wüsste es nicht - 2008 nach 70 Jahren Metzgereigeschichte der Migros verkauft. Dafür gibt's jetzt ein kleines Fabrigglädeli in Tinizong mit Anschnitten und Ähnlichem. Musste doch Carla Dosch den Dorfladen vor knapp zehn Jahren schliessen. Die Käserei ist auch geschlossen. Das Restaurant Sternen: geschlossen. Nur das Restaurant Piz d'Err gibt's noch. Und eine Post mit fast keinen Öffnungszeiten. Die Migros, sprich Micarna, machte dafür einen schönen Prospekt:






































Man sieht da wunderbar das Val d'Err hinter Tinizong, wo die Fleischtrocknerei gar nicht steht, sondern direkt an der Haupt-, id est Julier-Pass-Strasse, wo alle Schwoben und Tschinggen durchfahren und Abgase in die Luft blasen. Die Trocknerei heisst trotzdem "Natura". Geht man aber von Tinizong aus ca. zweieinhalb Stunden obsi, kommt man im Val d'Err zur Alp d'Err, wo guter Alpkäse hergestellt wird. Also, man muss sagen, er war auch schon nicht so charaktervoll, aber der 2010er ist tiptop. Kaufen kann man ihn zum Beispiel ab Hof bei Florian und Gion Franzestg Schaniel in Tinizong, 17 Franken das Kilo, bei einem ganzen Laib nur 16. Gion Franzestg, ausgesprochen Dschonnfranzestsch, ist ein sagenhafter Name, finde ich. Also, auf jeden Fall schmeckt der Alpkäse auch zum Ela Bier. Ela? Die Marke der Region. Siehe selber unter http://www.parc-ela.ch/. Ich bin jetzt nämlich müde und will ins Bett (halb zwei Uhr morgens). Nur noch soviel: Die allerallerherzigsten und allerallerliebsten Büblein lassen sich die Haare im Coiffeur Ela Savognin schneiden.
getrunken am 16.5.11




















Bier 58: Appenzeller Gran Alpin

Helle Farbe, trüb, chüschtig, aber etwas hefig im Geschmack, 5.0 %. Bier aus Bündner Bio-Berg-Gerste, mit Knospe. Diese (die Gerste, nicht die Knospe) wird dann nach Appenzell gekarrt und dort verbraut, anschliessend hopp, zurück ins Bündnerland, wo ich die Flasche in Savognin kaufte und mit nach Bern nahm (per Auto). Also, dafür hat "speichert" es gemäss Rückenetikette "die volle Kraft und Energie [Unterschied?] der Bündner Bergsonne [dort schient eine andere als andernorts]", da das Getreide "oberhalb von 1000 m über Meer" reift. Aha. Wie der Café La Semeuse, dem jeweisl fast als einziges Qualitätsmerkmal beigegeben ist, er sei auf 1000 m ü. M. geröstet worden. Oder wie einst der Verkäufer im Berner Haller-Bioladen, den ich auf die 'Ökologoe' der Rollgerste aus Australien hinwies. Seine Antwort: "Jaaaa, mir wüsse's schoooo. Aber äbe. Dert isch d Sunne e so schtarch. Und de si äbe d Chreft guet, oder, d Chreft, wo is Getreide gö."
getrunken am 16.5.11


























Es gibt übrigens vo de Gran Alpin auch andere Getreideprodukte, zum Beispiel Rollgerste für Soppa da giotta:

Dienstag, 10. Mai 2011

Bier 57: Boxer Bière de fête (Winter 2010)

So, jetzt, da schon über einen Monat warmes Sommerwetter herrscht, der Rasen gesprengt werden muss und man bereits am Morgen oben nur mit Thiischöört bekleidet an den Bahnhof radeln kann, ist es Zeit, den Bestand der Weihnachtsbiere zu tilgen. Wir haben vor uns ein Boxer Festbier aus dem Winter 2010, erhältlich nur im November und Dezember. Auf dem Flaschenhals noch die 50-Jahr-Jubiläumsetikette (die Brauerei wurde 1960 gegründet). Das Weihnachtsbier wird seit 2003 gebraut; früher gab es ein Winterbier, dann das Starkbier "La Forte". Die haben wir natürlich seinerzeit alle getrunken, nid.

Noch ein Schluck. Mmh, ein gutes Bier! Der hellbraunen Farbe ist nachgeholfen worden, und zwar mit Caramel, eine Praxis, die in der Whiskyindustrie gang und gäbe ist. (Verleiht doch nur das Holzfass, in dem der Brand gelagert wird, dem Whisky die Farbe, und um einen einheitlichen Farbton zu gewährleisten, greifen die Abfüller eben zu Caramel. Das schmeckt man zwar nicht, es gilt aber in Kennerkreisen als - ethisch, nicht sensorisch - unfein.)

Auf der Etikette unseres Bieres steht bei den Zutaten auf deutsch "Zuckerkulör" - und das bei einer welschen Brauerei! Auf französisch steht übrigens nicht "couleur", sondern "colorant". Das Bier hat 5.8 %, und man merkt ihm den erhöhten Alkoholgehalt an. Es ist malzig im Geschmack, aber eben, man merkt auch, dass die dunkle Farbe nicht wirklich von geröstetem Malz herrührt.

Für das Bild haben wir uns für einen wilden Stilmix entschieden. Das Glas hat das Logo der 80er Jahre, der Bierteller stammt aus der kurzen Zeit unter indischer Herrschaft (1994-1997), und die Flasche hat das heutige Brauereisignet, wo der Hund im Gegensatz zu früher wieder drauf ist, hier halt mit Klausenmütze.
getrunken am 10.5.11

(Ja, ich weiss, das Glas ist nicht voll. Ich habe die Schaumkrone für ein weiteres Bild noch vervollständigt, aber das Bild wurde nicht scharf, ein Wink des Gottes Gambrinus mit dem Zaunpfahl, und so habe ich lieber zu trinken begonnen, als noch einmal zu knipsen.)
























(Diese Etikette ist aus dem Internet runtergeladen; ich hatte eine 50-cl-Mehrwegflasche. Nur weiss ich jetzt nicht mehr, wo ich sie gekauft habe ergo zurückbringen kann/soll. Verdammt verdammt.)

Hier noch der Vorgänger des Winterfestbiers: