Donnerstag, 22. September 2011

Bier 112: Feldschlösschen Amber

Was, der An- und Bemerker trinkt ein Bier vom Erzfeind?! Also, gleich vorab ein Bild zum Den-Wind-aus-den-Segeln-Nehmen:





































und noch einmal ganz deutlich:

So. Und einen geschenkten Gaul setzt man halt doch ans Maul. Das war übrigens im Coop, wo eine Frau einen ganzen Stand aufgebaut, aber niemanden zu Gast hatte. Da erbarmte ich mich ihrer. (Wie schön sind doch Verben mit Genitivobjekt! [Da darf ich noch an einen anderen Spruch zum Thema erinnern: "begierig, kundig, eingedenk, teilhaftig, mächtig, voll." Das will ich einmal auf dem Grabstein.]) Sie schenkte mir dreimal von so einem Amber aus - beim vierten Mal lehnte ich ab. Dazu betete sie die einstudierten Sprüchlein runter: "Ja, die Damen haben es auch gern, weil es nicht so bitter ist." Sie war aber eine sehr nette Frau.

Das Bier ist in der Tat wohlgeraten. Ist es doch tatsächlich "auf Eichenholz gereift", was ziemlich sicher bedeutet, dass sie Holzschnitzel in die Lagertanks werfen, öppe chuum ganze Eichenfässer zum Reifen verwenden. Aber der Barriquegeschmack ist deutlich und, man muss es sagen, wirklich gut. Der Alkoholgehalt ist 5.2 %, und die Farbe ist, sagen wir mal, amber.

Ja, amber ist ein bisschen zur Modeerscheinung geworden. Als erster kam ja 1982 Martin Wartmann mit seinem Ittinger Klosterbräu auf den Schweizer Markt, damas noch in der Actienbrauerei Frauenfeld gebraut, inzwischen bei Heineken-Calanda in Chur. Dann gibt es in der Schweiz (mal abgesehen von den Heim- und Kleinstbrauern) das Falken Eidgenoss amber (siehe Bier 105), dann das Basler Unser Bier amber (siehe Bier 77) und natürlich das Aare Bier amber aus Bargen bei Aarberg.

Die von Feldschlösschen geben sich ja in der letzten Zeit wirklich Mühe mit neuen Bieren: das "Premium" (!) für das gehobene Segment, das "Bügel" für die Liebhaber und nun das "Amber" für die Kenner. Ob's funktioniert? Die Nicht-Kenner trinken ja doch vor allem das Lager aus der Halbliterbüchse, und die Kenner meiden Feldschlösschen. Nachdem sie ja alles aufgekauft und stillgelegt hatten und viele Sorten abwürgten, wurden plötzlich Kleinbrauer zur ernstzunehmenden Konkurrenz (weniger pekuniär als ideologisch und sympathiemässig). Man versucht(e) nun also, mit neuen Sorten Gegensteuer zu geben. Das Fünfkornbier "Quinto" wurde nach wenigen Jahren aufgegeben und durchs Urtrüb ersetzt, das es glaub' auch nicht mehr gibt. Man hätte auch einfach die frühere Vielfalt beibehalten können und das Feldschlösschen Castello Starkbier weiterbrauen können. Stattdessen hat man es gegen Ende der 1990er Jahre eingestellt und dann knapp zehn Jahre später plötzlich versucht, unter dem Label "Castello Sélection" das "Schweizer Premiumbier für Kenner und Geniesser" zu lançieren - und zwar ein Amber! Hier ist der Beweis:
Das damalige Amber war nicht im Handel erhältlich, sondern nur "in exklusiv ausgewählten Gastronomiebetrieben". Es war eine Eintagsfliege, nach mittelgross-halbherzigem Ankündigungs-Traritrara hörte und sah man nichts mehr vom Castello Sélection Amber.

Und nun also ein "Sélection Amber"; alles also schon mal gehabt. Mal sehen, was passiert und wie es läuft. (Also am Geschmack soll's, wie gesagt, nicht scheitern.) Und man hat nun gerade konsequent durchgegriffen und gleich auch das füdlegewöhnliche uralte Spez, das Hopfenperle, unter das Label "Sélection" genommen, ebenso das dunkle Spezialbier "Dunkle Perle". Biervielfalt zu pflegen ist ja lobenswert, aber die Souaffe hätten besser andere Biere nicht dem Tod geweiht: die herrlichen Starkbiere Warteck Tambour und Cardinal Rheingold, das einmalige Warteck alt, das wunderbar milde Löwenbräu Zürich Lager zum Beispiel. Und auch den Hürlimann-Spezialitäten (Gold, Samichlaus, Dreikönig, Five star, Hexenbräu) könnte man fast nachtrauern, wäre man nicht ein Langenthaler.
getrunken am 22.9.11


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