Dienstag, 19. Juli 2011

Bier 82: Appenzeller ninkasi xantho bio

Sehr süffig, da nur 2.6 % Alkohol. "Die Kraft des Hopfens", steht auf der Etikette. Dies ist wohl eher metaphysisch als sensorisch gemeint, denn so hopfig ist das Bier nicht. Besser aber natürlich als ein Alkoholfreies.

Also, wenn man mich fragt, ist das ein bisschen ein(e) Furz(idee). Allerdings ist der Gedanke natürlich sympathisch, Bier und seine Inhaltsstoffe als gesundheitsfördernd zu vermarkten. Das Ganze ist auf dem Mist des Hotels Hof Weissbad in 9057 Weissbad  (aha, Appenzell!) gewachsen. Es gibt nun dort also Hautcrèmen, Douchegel, Shampoo, Bodylotion und Lippenbalsam mit (unter anderem) Gerste, Hopfen, Weizen und dem unvermeidlichen Aloe vera. Dazu geheimnisvolle Texte: "Vor tausenden von Jahren, als die Natur noch unberührte Melodien sang und nur der Himmel Lichter sandte, verehrte das Volk der Sumerer Ninkasi, die schöne Göttin des Bieres. Ihre Kenntnisse um die positive Wirkung des Bieres auf Haut, Haare und Nägel sind bis in die Gegenwart überliefert und finden heute ihre Bedeutung in der natürlichen Pflegelinie Ninkasi®, die seit einigen Jahren vom Gesundheitshotel Hof Weissbad erfolgreich eingesetzt wird. Basis aller Ninkasi®-Produkte sind Nähr- und Inhaltsstoffe des Bieres. Als natürliche Quelle versorgen sie Haut, Haare und Nägel mit B-Vitaminen und Mineralien."


(Man beachte die Formulierung "Das Haar [...] wirkt [!] gesund.") Dass die Sumerer die erste Hochkultur der Geschichte waren und das Bier erfunden haben, ist schön und gut und allbekannt, wenn auch zuwenig Leuten. Es geht aber auch einfacher und rustikaler. Hier das von mir verwendete Biershampoo, eine Halbliterflasche aus dem Denner mit Schweizer Bier, und zwar "bestem":





































Zurück zum Bier: Auf der Rückenetikette steht noch, das Bier enthalte Xanthothumol, und dieses "unterstütz[e] die natürlichen Abwehrkräfte und steiger[e] das Wohlbefinden". Die Konjunktive sind von mir, sind das doch Sätze, die 1:1 bei sogenannt proaktiven Joghurts vorkommen, deren Wirksamkeit noch nie hat nachgewiesen werden können. Aber wie ich zu sagen pflege, was will man z. B. über die Wirksamkeit (resp. den Placebo-Efekt) der Homöopathie diskutueren, solange gut eine Milliarde Katholiken weltweit an die Jungfrau Maria glauben?













Vielleicht ist doch etwas dran. Offenbar hat das Xanthothumol, siehe Bild oben, bisher ausschliesslich im Hopfen nachgewiesen, in Tests schon gegen Entstehung und Entwicklung von Krebszellen gewirkt. Soweit Wikipedia. Aber jetzt ist es ja so, dass man dem Internet weder sofort Glauben schenken noch aus ihm sofort zitieren sollte. Besser, man schaut in der hauseigenen Kulinarischen Bibliothek nach. Und zwar stechen wir grad in deren Zentrum: "Univ.-Prof. Dr. med. Manfred Walzl / Mag. Michael Hlatky, Jungbrunnen Bier. Gesunder Genuss, Wien: Verlagshaus der Ärzte GmbH, 3. Auflage 2004". (Man sieht, das Buch kommt aus Österreich, wo sogar ein Meischter, früher, bei den GanzGeilenSiechen, noch Licentiatus genannt, erwähnt werden muss, und wo so viele Professorentitel vergeben werden, äuä nach dem Giesskannenprinzip, dass man die richtigen Uniprofessoren als solche eben kennzeichnen muss. Also, unser Buch hier. Auf den Seiten 62-64 wird über das Xanthothumol informiert. Wir zitieren eklektisch: "In diesen Testserien konnte Xanthothumol in alle Stufen der komplizierten Krebsentstehung eingreifen und diese blockieren. [...] großangelegte Beobachtung an 30.000 US-amerikanischen Ärzten. Unter jenen Medizinern, die regelmässig Bier konsumierten, gab es [...] um 60 Prozent weniger Prostata-Operationen. [...] Japaner [...] kürzlich [...] bei Ratten [...] Krebs erzeugt. Danach wurde den Tieren regelmäßig Hopfenextrakt verabreicht. Nach [...] nahezu einem Jahr [...] Rückgang der Tumorrate um rund 24 Prozent, Rückgang der gezählten Krebsgeschwülste bei allen Ratten um sage und schreibe 44 Prozent!"

Der Name des Mitautors Michael Hlatky wird vielleicht bei KuKu (der Kulinarik Kundigen) eine Hirnverknüpfung aktivieren. Richtig: Seine Frau Christine Hlatky hat das Buch "Kochen mit Bier" verfasst, später auch "Kochen mit Wein", zudem "Bierbrauen zu Hause". (In "Kochen mit Wein" übersetzt sie im Vorwort "de gustibus non est disputandum" mit "Geschmäcker sind verschieden". Lateinkenntnisse auch. Aber Bier- und Kochkenntnisse auch, und da machen ihr nur wenige Leute etwas vor, weswegen wir hier jetzt nicht stänkern werden.) Schliesslich haben Christine und Michael Hlatky zusammen das Buch "Wandern mit Hund in der Steiermark" verfasst. Na denn.






getrunken am 19.7.11

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